Wenn man über den Langzeiterfolg von Implantaten spricht, ist eine stabile Osseointegration natürlich an oberster Stelle, aber ein stabiles Weichgewebe ist mindestens genauso wichtig, wenn man sich langfristig eine stabile Ästhetik und peri-implantäre Gesundheit wünscht. Da die Weichgewebsmanschette rund um Implantate auch vor bakteriellen Infektionen schützen soll, wird die Notwendigkeit von keratinisierter, fixierter Mukosa an Implantaten vielfach diskutiert.
Es gibt zahlreiche Studien, die angeben, dass ein Mangel an fixierter Mukosa das Risiko für peri-implantäre Erkrankungen erhöht. Aber es gibt auch Studien, die das nicht bestätigen. Die Compliance und häusliche Mundhygiene der Patienten könnte ein wichtiger Faktor sein, der zu diesen widersprüchlichen Studienergebnissen führt!
Wenn man sich nun drei Studien, die in den letzten 2 Jahre zu diesem Thema publiziert wurden, im Detail anschaut, zeigt sich folgendes:
- Grischke & Kollegen (2019) haben 231 Implantate in 52 Patienten untersucht; davon wiesen 44 Implantate in 12 Patienten eine reduzierte keratinisierte Mukosa (< 2 mm Breite) auf. Jene Implantate, bei denen die keratinisierte Mukosa < 2 mm breit war, hatten ein signifikant höheres Risiko für periimplantäre Mukositis und auch der Schweregrad der periimplantären Mukositis war signifikant höher.
- Monje & Kollegen (2019) sind basierend auf den Daten von 37 Patienten und 66 Implantaten zu dem Schluss gekommen, dass ein Mangel an keratinisierter Mukosa (< 2 mm Breite) bei Patienten mit mangelhafter Compliance vermutlich einen relevanten Risikofaktor für periimplantäre Erkrankungen darstellt.
- Lim & Kollegen (2019) zeigten das passende „Gegenstück“ zu Monje et al. (2019). Basierend auf den Daten von 87 Patienten mit guter Compliance, konnten sie keine Korrelation zwischen der Breite der keratinisierten Mukosa und dem Auftreten peri-implantärer Erkrankungen feststellen.
.
Daraus lässt sich für uns folgende vorsichtige Schlussfolgerung ziehen: Solange Patienten mit einer reduzierten Breite an keratiniserter Mukosa (< 2 mm Breite) regelmäßig zur Erhaltungstherapie kommen und eine gute Mundhygiene an den Implantaten ausüben, ist nicht zwangsläufig eine chirurgische Verbreiterung der keratinisierten Mukosa notwendig. Ist dies jedoch nicht der Fall und/oder klagen die Patienten über Schmerzen bei der häuslichen Mundhygiene, ist Vorsicht geboten und eventuell eine Verbesserung der Weichgewebssituation anzustreben. Es gilt also wie so oft individuell zu entscheiden!
Literatur/Quellen
1. Jan L Wennström, Jan Derks: Is there a need for keratinized mucosa around implants to maintain health and tissue stability? Clin Oral Implants Res. 2012 Oct;23 Suppl 6:136-46.
2. Alberto Monje, Gonzalo Blasi: Significance of keratinized mucosa/gingiva on peri-implant and adjacent periodontal conditions in erratic maintenance compliers. J Periodontol. 2019 May;90(5):445-453. doi: 10.1002/JPER.18-0471.
3. Jasmin Grischke, Annika Karch, Andreas Wenzlaff, Magdalena Marta Foitzik, Meike Stiesch, Jörg Eberhard: Keratinized mucosa width is associated with severity of peri‐implant mucositis. A cross‐sectional study. Clin Oral Implants Res. 2019 May;30(5):457-465. doi: 10.1111/clr.13432. Epub 2019 Apr 25.
4. Hyun-Chang Lim, Daniel B Wiedemeier, Christoph HF Hämmerle, Daniel S Thoma. The amount of keratinized mucosa may not influence peri-implant health in compliant patients: A retrospective 5-year analysis. J Clin Periodontol. 2019;46:354–362.
5. Guo-Hao Lin, Hsun-Liang Chan, Hom-Lay Wang: The significance of keratinized mucosa on implant health: a systematic review. J Periodontol. 2013 Dec;84(12):1755-67. doi: 10.1902/jop.2013.120688.