EFP Perio Master Clinic 2023 in Antwerpen
Die EFP Perio Master Clinic 2023 fand unter dem spannenden interdisziplinären Thema „Synergie Kieferorthopädie – Parodontologie“ in Antwerpen, Belgien statt. Dem Thema entsprechend standen die Schnittstellen und Kombinationsansätze zwischen einer kieferorthopädischen und parodontologischen Behandlung im Fokus.
Insbesondere die Therapie von Stadium IV Parodontitispatient*innen, welche oft mit einer verlorengegangenen posterioren Stützzone, gekippten Molaren sowie nach anterior ausgewanderten und/oder elongierten Frontzähnen einhergeht, setzt eine enge Zusammenarbeit der verschiedenen Behandler*innen voraus. Eine stabile und entzündungsfreie klinische parodontale Situation und eine optimale Plaquekontrolle sind hier zwei der wichtigsten Voraussetzungen (*1,2).
Eine kieferorthopädische Therapieempfehlung für Stadium IV Parodontitispatient*innen lautet wie folgt:
- Ein parodontaler Recall alle 1 bis 3 Monate ist für die Dauer der kieferorthopädischen Behandlung obligat;
- Leichte kieferorthopädische Kraftapplikationen auf die parodontal kompromittierten Zähne ist zu beachten;
- Loops und Sectionals sollten verwendet werden, um Kronenkippungen zu vermeiden;
- Die Verwendung von kieferorthopädischen temporären Schrauben (TADs) zur verbesserten Verankerung werden oft empfohlen.
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Karin Jepsen thematisierte den Start der kieferorthopädischen Behandlung nach regenerativer Parodontalchirurgie. Sie verglich in einer Studie den Beginn der kieferorthopädischen Behandlung zu unterschiedlichen Zeitpunkten: vier Wochen versus sechs Monate nach regenerativer Parodontalchirurgie. Dabei zeigte sich, dass bereits vier Wochen postoperativ die kieferorthopädische Behandlung begonnen werden kann und somit insgesamt die Behandlungszeit deutlich verkürzt werden kann (*3).
Ein ebenso wichtiger und in Antwerpen diskutierter Punkt war die Entstehung von gingivalen Rezessionen während oder nach kieferorthopädischer Behandlung. Das Risiko für die Entstehung von gingivalen Rezessionen scheint sich bei Patient*innen mit einem dünnen gingivalen Phänotypen, kieferorthopädischer Proklinationsbewegung und Kieferbogenexpansionen zu erhöhen. Deswegen kann eine Augmentation des Weichgewebes bei Patient*innen mit dünnem Phänotyp und ≤2mm keratinisiertem Gewebe und den zuvor angeführten kieferorthopädischen Bewegungen in Betracht gezogen werden, um so das Risiko für die Entstehung von gingivalen Rezessionen eventuell reduzieren zu können (*4,5).
Normann Lee sprach über einen weiteren interessanten Ansatz und die Möglichkeiten der kieferorthopädischen forcierten Extrusion zur präimplantologischen und/oder präprothetischen Verbesserung der Gewebssituation. Ziel dieser kieferorthopädischen Technik ist ein verbesserter Erhalt des lokalen Hart- und Weichgewebes durch forciertes Extrudieren der betroffenen Wurzel. Insbesondere bei nicht erhaltungswürdigen Zähnen mit defizitärer Weichgewebessituation, kann diese Technik im Vergleich zur alleinigen Extraktion zu einer Verbesserung der IST-Situation führen (Abbildungen 2-7 zeigen einen derartigen Patientenfall) (*6,7).
Der Kongress in Antwerpen zeigte mit diesen und noch weiteren spannenden Themen das Potential der Zusammenarbeit von Kieferorthopäd*innen und Parodontolog*innen auf. Mittels guter Kommunikation und Zusammenarbeit können die klinischen Ergebnisse oft verbessert werden!
Literatur *
- Martin C, Celis B, Ambrosio N, Bollain J, Antonoglou GN, Figuero E. Effect of orthodontic therapy in periodontitis and non-periodontitis patients: a systematic review with meta-analysis. J Clin Periodontol. 2022 Jun;49 Suppl 24:72-101. doi: 10.1111/jcpe.13487. Epub 2021 Nov 22. PMID: 33998045.
- Herrera D, Sanz M, Kebschull M, Jepsen S, Sculean A, Berglundh T, Papapanou PN, Chapple I, Tonetti MS; EFP Workshop Participants and Methodological Consultant. Treatment of stage IV periodontitis: The EFP S3 level clinical practice guideline. J Clin Periodontol. 2022 Jun;49 Suppl 24:4-71. doi: 10.1111/jcpe.13639. PMID: 35688447.
- Jepsen K, Tietmann C, Kutschera E, Wüllenweber P, Jäger A, Cardaropoli D, Gaveglio L, Sanz Sanchez I, Martin C, Fimmers R, Jepsen S. The effect of timing of orthodontic therapy on the outcomes of regenerative periodontal surgery in patients with stage IV periodontitis: A multicenter randomized trial. J Clin Periodontol. 2021 Oct;48(10):1282-1292. doi: 10.1111/jcpe.13528. Epub 2021 Aug 12. PMID: 34312872.
- Wang CW, Yu SH, Mandelaris GA, Wang HL. Is periodontal phenotype modification therapy beneficial for patients receiving orthodontic treatment? An American Academy of Periodontology best evidence review. J Periodontol. 2020 Mar;91(3):299-310. doi: 10.1002/JPER.19-0037. Epub 2019 Nov 26. PMID: 31670836.
- Jepsen S, Caton JG, Albandar JM, Bissada NF, Bouchard P, Cortellini P, Demirel K, de Sanctis M, Ercoli C, Fan J, Geurs NC, Hughes FJ, Jin L, Kantarci A, Lalla E, Madianos PN, Matthews D, McGuire MK, Mills MP, Preshaw PM, Reynolds MA, Sculean A, Susin C, West NX, Yamazaki K. Periodontal manifestations of systemic diseases and developmental and acquired conditions: Consensus report of workgroup 3 of the 2017 World Workshop on the Classification of Periodontal and Peri-Implant Diseases and Conditions. J Periodontol. 2018 Jun;89 Suppl 1:S237-S248. doi: 10.1002/JPER.17-0733. PMID: 29926943.
- Salama H, Salama M. The role of orthodontic extrusive remodeling in the enhancement of soft and hard tissue profiles prior to implant placement: a systematic approach to the management of extraction site defects. Int J Periodontics Restorative Dent. 1993 Aug;13(4):312-33. PMID: 8300319.
- Isola G, Nucera R, Damonte S, Ugolini A, De Mari A, Migliorati M. Implant Site Changes in Three Different Clinical Approaches: Orthodontic Extrusion, Regenerative Surgery and Spontaneous Healing after Extraction: A Systematic Review. J Clin Med. 2022 Oct 27;11(21):6347. doi: 10.3390/jcm11216347. PMID: 36362575; PMCID: PMC9655824.