Vor kurzem wurde von der ÖGI (Österreichische Gesellschaft für Implantologie), unter der Leitung von Kristina Bertl eine Behandlungsempfehlung (1) bezüglich Implantatversorgungen bei ParodontitispatientInnen veröffentlicht, diese soll im Telegramm 1/2025 zusammengefasst werden.
Neben Karies, Trauma und Nichtanlagen müssen wir uns auch in der Parodontologie mit Zahnersatz beschäftigen, ob als Zahnersatz für den Einzelzahn, für mehrerer Zähne oder für zahnlose Kiefer. Wie wir mittlerweile wissen, machen die Entzündungen des Hart- und Weichgewebes vor den Implantaten keinen Halt, was uns vor die Frage stellt: Haben PatientInnen, die an einer Parodontitis leiden, ein erhöhtes Risiko auch Entzündungen im periimplantären Gewebe zu erhalten und wie sieht es bei ParodontitispatientInnen mit implantatgetragenem Zahnersatz aus.
Zeitpunkt der Implantation
Das Risiko von periimplantären Entzündungen ist bei ParodontitispatientInnen erhöht, es zeigte sich in Untersuchungen ein 2,2-fach erhöhtes Risiko für Periimplantitis (2) und ein ca. 2-fach erhöhtes Risiko für einen Implantatverlust (3).
Empfohlen wird in den S3-Leitlinien der EFP (4) eine Implantatinsertion nach beenden der zweiten Therapiestufe (Abgeschlossene antiinfektiöse Parodontitistherapie/Basistherapie).
Klinische Parameter
Um das Risiko für periimplantäre Erkrankungen zu minimieren, sollten keine Sondierungstiefen >5mm vorhanden sein. Bei Sondierungstiefen von 5mm sollte keine Blutung vorhanden sein. Die Mundhygieneindizes sollten, wie beim ParodontitispatientInnen stabil sein. Bestehende Resttaschen können sich negativ auf das periimplantäre Gewebe und die Lebensdauer des Implantats auswirken (5).
Allgemeinmedizinische Parameter
Weitere negative Auswirkungen haben nicht therapierter Diabetes (6), Tabakkonsum (7), sowie ein ungesunder Lebensstil (8). Diese sollten nach Möglichkeiten interdisziplinäre therapiert werden, um die Implantattherapie möglichst sicher und komplikationsfrei für die PatientInnen zu gestalten.
Chirurgische und prothetische Parameter
Es soll ein Augenmerk auf folgende Punkte gelegt werden (9):
- Putzbare Gestaltung der provisorischen und auch der definitiven Restauration
- Temporäre, schleimhautgetragener- und/oder zahngetragener Versorgungen können zur Wiederherstellung von Funktion, posteriorer Abstützung und Entlastung sekundärer okklusaler Traumata verwendet werden
- Eine definitive Planung mit Versorgung sollte erst nach finaler Beurteilung der Restbezahnung erfolgen
- Hart- und Weichgewebsmanagement soll – wie bei Nicht-ParodontitispatientInnen – betrieben werden
- ParodontitispatientInnen sollten über das erhöhte Risiko von periimplantären Erkrankungen und die erhöhte Implantatverlustrate aufgeklärt werden
.
Dokumentation der Ausgangslage
Je nach Schleimhautdicke können bei Implantaten auch Sondierungstiefen ≥ 4mm auftreten, ohne Vorliegen einer periimplantären Entzündung. Innerhalb der ersten 3 Monate nach prothetischer Versorgung sollten diese Werte mit einer parodontal Sonde, an 6 Stellen erhoben und dokumentiert werden. Weiters wird die Anfertigung eines intraoralen Röntgenbildes empfohlen. Nach ca. 1 Jahr sollten diese Untersuchungen erneut durchgeführt werden, um das Remodeling des Knochens und den Verlauf zu beurteilen (10).
PatientInneninstruktionen und Recall
Es wird empfohlen am Tag der Übergabe der prothetischen Versorgung den PatientInnen individuelle häusliche Mundhygieneinstruktionen mit den dazu passenden Mundhygieneartikeln zu erklären und zu zeigen. Es wird empfohlen mindestens 2 Recall/SPIC (supportive peri-implant care) Termin pro Jahr zu vereinbaren (11, 12). Je nach individuellem Risikoprofil der PatientInnen gilt es aber die Recallfrequenz zu erhöhen und damit mehr als 2 Termin pro Jahr einzuhalten. Wichtig ist weiterhin die Motivation bei den PatientInnen hochzuhalten, die Recallsitzungen sollten zur Remotivation, Reinstruktion und erneuten Demonstration genutzt werden, um gemeinsam mit den PatientInnen eine möglichst lange entzündungsfrei Implantatverweildauer im Mund zu gewährleisten. Weiters helfen diese Kontrolltermine aufkommende Probleme früh zu erkennen und möglichst schnell die passenden Therapieschritten einzuleiten (13).
Implantate bieten auch bei ParodontitispatientInnen eine Therapieoption für Zahnersatz. Die PatientInnen sollten dennoch über die erhöhten Risiken aufgeklärt werden. Das Entzündungsmanagement sowie die Gesamtgesundheit des PatientInnen sollten weiter dokumentiert und therapiert werden.
Elias Salzmann
Abbildung © Kristina Bertl
Referenzen
- Bertl K. ÖGI Behandlungsempfehlung – Implantatversorgungen bei ParodontitispatentInnen. 2024.
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