Die „neue“, obwohl mittlerweile ja auch schon wieder fast 5 Jahre alte, Klassifikation für parodontale und periimplantäre Erkrankungen inkludierte erstmals eine Definition für eine*n erfolgreich therapierte*n Parodontitispatient*in!
Diese Definition bezieht sich auf den Status nach der aktiven Therapiephase und somit zu Beginn der parodontalen Erhaltungstherapie. Sie kann aber auch zur Beurteilung, ob der/die Patient*in während der Erhaltungstherapie stabil bleibt, herangezogen werden. Als erfolgreich therapiert und parodontal stabil gilt ein*e Patient*in, der/die folgenden Kriterien erfüllt (Chapple 2018):
- Maximal 4mm Sondierungstiefe
- Keine Sondierungstiefe mit 4mm weist eine Blutung nach Sondieren auf
- Blutung nach Sondieren in der gesamten Mundhöhle liegt < 10%
- Aufgrund der vorangegangenen Krankheitsaktivität liegt ein radiologischer und klinischer Attachmentverlust vor
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Nach Etablierung dieser neuen Diagnosekriterien ist es natürlich interessant zu hinterfragen, 1) wie oft man tatsächlich dieses sehr gute Behandlungsergebnis erzielen kann, vor allem bei einem höheren Stadium der Erkrankung (Stadium III und IV), und 2) ob ein Erreichen dieses Ziels tatsächlich einen positiven Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf und/oder das Rezidivrisiko hat. Genau mit dieser Fragestellung hat sich kürzlich die Wiener Universitätszahnklinik beschäftigt und kam basierend auf retrospektiv erhobenen Daten von 100 Patient*innen mit Parodontitis Stadium III oder IV zu folgenden interessanten Schlussfolgerungen (Bertl 2022):
- Nur ca. 20% der Patient*innen erfüllten nach der aktiven Therapiephase tatsächlich alle Kriterien für eine*n erfolgreich therapierte*n Parodontitispatient*in!
- Wurden Patient*innen zu Beginn der parodontalen Erhaltungstherapie als nicht erfolgreich therapiert eingestuft, wiesen diese Patient*innen ein signifikant höheres Risiko für mehr aktive Stellen und eine höhere Zahnverlustrate im Verlauf der Erhaltungstherapie auf.
- Dieser negative Effekt durch einen schlechteren Behandlungsstatus konnte aber zum Teil durch eine optimale Compliance kompensiert
- Die parodontal bedingte Zahnverlustrate bei Patient*innen mit einer moderaten bis hohen Compliance lag nach 10 Jahren Erhaltungstherapie bei lediglich 0,035 Zähnen/Patient/Jahr. Nur ca. ein Viertel der Patient*innen war überhaupt von einem parodontal bedingten Zahnverlust betroffen und bis auf einen einzigen Patienten wiesen alle Patient*innen mit parodontal bedingten Zahnverlust keinen erfolgreich therapierten Status nach der aktiven Parodontaltherapie auf.
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Was können wir daraus nun für unsere Praxis morgen mitnehmen?
Die Definition für eine*n erfolgreich therapierte*n Parodontitispatient*in ist zwar sehr streng und schwierig zu erreichen, aber wirkt sich auf lange Sicht positiv auf den Zahnerhalt aus. Gelingt es uns trotz aller Anstrengungen nicht, dieses Ziel zu erreichen, dann gilt es umso mehr an die Compliance des/der Patient*in zu appellieren!
Literatur
Chapple, I. L. C., Mealey, B. L., Van Dyke, T. E., Bartold, P. M., Dommisch, H., Eickholz, P., Geisinger, M. L., Genco, R. J., Glogauer, M., Goldstein, M., Griffin, T. J., Holmstrup, P., Johnson, G. K., Kapila, Y., Lang, N. P., Meyle, J., Murakami, S., Plemons, J., Romito, G. A., … Yoshie, H. (2018). Periodontal health and gingival diseases and condi- tions on an intact and a reduced periodontium: Consensus report of workgroup 1 of the 2017 world workshop on the classification of periodontal and peri-implant diseases and conditions. Journal of Clinical Periodontology, 45(Suppl 20), S68–S77.
Bertl, K., Pandis, N., Stopfer, N., Haririan, H., Bruckmann, C., & Stavropoulos, A. (2022). The impact of a “successfully treated stable periodontitis patient status” on patient-related outcome parameters during long-term supportive periodontal care. Journal of Clinical Periodontology, 49(2), 101–110.
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