Wie viele unserer Patienten sind eigentlich von Parodontitis betroffen?
Ein neuer Patient kommt in die Praxis. Bei der Erstuntersuchung wird eine Parodontitis diagnostiziert. Viele Patienten zeigen sich daraufhin ein wenig irritiert, mehr oder weniger verzweifelt und häufig folgt dann die Frage, wie häufig Parodontitis eigentlich in der allgemeinen Bevölkerung vorkäme.
Für Österreich liegen derzeit diesbezüglich (noch) keine repräsentativen Daten vor, daher wird im deutschsprachigen Raum zur Beantwortung dieser Frage zumeist die Deutsche Mundgesundheitsstudie herangezogen. Es handelt sich dabei um eine bevölkerungsrepräsentative, sozialepidemiologische Querschnittsstudie. Am 16. August 2016 wurde ihre 5. „Auflage“ (DMS V) veröffentlicht.
Die parodontologischen Befunde wurden in 3 Altersgruppen erhoben:
- jüngere Erwachsene (35-44 Jährige)
- jüngere Senioren (65-74 Jährige)
- ältere Senioren (75-100 Jährige)
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Die Einteilung der Parodontalerkrankungen erfolgte nach der CDC/AAP-Fallklassifikation (Page & Eke 2007). Den Ergebnissen der Studie zufolge waren 52% der jüngeren Erwachsenen parodontal erkrankt, 8% davon schwer. In der Gruppe der jüngeren Senioren waren 65% parodontal erkrankt und bei 20 % davon wurde eine schwere Parodontitis ausgemacht. In der Gruppe der älteren Senioren waren 10% parodontal gesund und 90% wiesen eine Parodontitis auf; 44% davon waren von einer schweren Parodontitis betroffen.
Die DMS V zeigt somit, dass im Vergleich zur Vorgängerstudie (DMS IV) die parodontale Gesundheit zwar zugenommen hat und sich schwere Parodontalerkrankungen etwa halbiert haben, nichtsdestotrotz sind Parodontalerkrankungen in Deutschland nach wie vor weit verbreitet und betreffen mehr als die Hälfte der über 35-Jährigen!
Anhand von Querschnittsstudien kann man über die Gründe dieser Morbiditätsdynamik jedoch nur spekulieren. Beispielsweise könnte man annehmen, dass sich präventive Maßnahmen positiv auf Parodontalerkankungen auswirken. Demnach wären Patienten, die Präventionsleistungen in der Zahnarztpraxis konsumieren, seltener und im Falle einer Krankheit, weniger schwer von einer Parodontitis betroffen. Damit stimmt auch überein, dass die Prävalenz schwerer Erkrankungsgrade häufiger mit Patienten mit schlechtem Putzmuster, fehlender Interdentalraumreinigung und nur beschwerdeorientierten Besuchen in der Zahnarztpraxis in Zusammenhang gebracht wurde. Und in weiterer Folge spielt im Sinne der Sekundärprophylaxe die unterstützende Parodontitistherapie für die nachhaltige Sicherung von Therapieerfolgen eine außerordentlich wichtige Rolle.
Mehr Informationen zu dieser Thematik findet ihr unter:
- Jordan AR, Micheelis W. Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). Köln: Deutscher Zahnärzte Verlag DÄV, 2016
- Page RC, Eke PI. Case definitions for use in population-based surveillance of periodontitis. J Periodontol 2007;78(7 Suppl.): 1387-1399.
- Institut der Deutschen Zahnärzte. Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) – Kurzfassung: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/dms/Zusammenfassung_DMS_V.pdf
- Jordan AR, Hoffmann T, Kocher T, Micheelis. Update zu Parodontalerkrankungen in Deutschland 2014 Zentrale Ergebnisse der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie. Parodontologie 2016;27(4):403–412