„Was kann ich noch tun um meine Zahnfleischprobleme in den Griff zu bekommen?“
Nicht selten konfrontieren uns unsere PatientInnen in der parodontalen Sprechstunde im Rahmen der Aufklärung mit dieser Frage. Neben individuellen Putzinstruktionen und der Kontrolle bzw. Veränderung relevanter systemischer Faktoren (insbesondere Rauchen, Blutzuckereinstellung bei Diabetikern, etc.) trat in den letzten Jahren auch die Ernährung in den wissenschaftlichen Fokus. Zu dieser Thematik möchten wir euch im aktuellen Telegramm zwei Studien vorstellen.
In beiden Studien (Bartha 2021, Wölber 2019) wurde die Interdentalraumreinigung während des Beobachtungszeitraumes bis zum Ende der Studie ausgesetzt und der Effekt einer mediterranen1 bzw. einer anti-inflammatorischen Diät2 auf parodontale Parameter [Gingivaindex (GI), Bluten auf Sondierung (BoP)], Körpergewicht, Taillenumfang, serologische Parameter sowie Zusammensetzung der subgingivalen Plaque untersucht.
Test- und Kontrollgruppen (westliche Ernährung)3 zeigten nach 4 bzw. 6 Wochen in beiden Studien vergleichbare Plaquewerte, während die gingivalen Parameter in den Testgruppen signifikant geringer waren. In den Testgruppen kam es zudem zum einem signifikanten Gewichtsverlust und einer signifikanten Abnahme des Taillenumfangs.
Serologische Entzündungswerte, serologische Omegafettsäuren und die Zusammensetzung der subgingivalen Plaque wiesen keine Unterschiede zwischen Test- und Kontrollgruppen auf.
Zusammengefasst:
- Gingivale Entzündung ist bei vergleichbarer Plaquemenge unter dem Einfluss einer westlichen Diät stärker ausgeprägt.
- Eine pflanzliche Vollwertkost reduziert Gingivitis auch ohne Interdentalraumhygiene deutlich.
- Etablierung einer mediterranen Kost führt bei gleichen Plaquewerten zu einer signifikanten Reduktion der gingivalen Parameter BoP und GI sowie zum einem signifikanten Gewichtsverlust und Abnahme des Taillenumfangs.
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Plaque gilt natürlich als primäre Ursache für Gingivitis; die stringente Korrelation zwischen Plaqueakkumulation und Entzündung tritt diesen Studien zufolge aber stärker bei einem klassisch westlichen Ernährungsstil auf. Ursächlich hierfür könnten einerseits lokale Effekte von Nahrungsbestandteilen sein und andererseits systemische Effekte basierend auf der individuellen Nahrungszusammensetzung bezüglich Makro- und Mikronährstoffen. Es wird weiters diskutiert, dass die klinischen Ergebnisse nicht auf eine veränderte mikrobielle Zusammensetzung des subgingivalen Biofilms, sondern eher auf eine veränderte Immunantwort im parodontalen Gewebe zurückzuführen sind.
Fazit: Gingivitis wird deutlich durch die Ernährung beeinflusst und zusätzliche Ernährungsempfehlungen zur Therapie können hilfreich sein!
Quellennachweis
1 erhöhter Verzehr von Gemüse, Obst, Olivenöl, Kräutern und fettem Seefisch
2 wenig verarbeitete Kohlenhydrate und tierische Proteine, reich an Omega-3-Fettsäuren, Vitamin C, Vitamin D, Antioxidantien, pflanzlichen Nitraten und Ballaststoffen
3 viel raffiniertes Getreide, Zucker, gesättigte, trans- und Omega-6-Fettsäuren, geringe Mengen an Mikronährstoffen und Ballaststoffen
Mehr Infos unter:
Bartha V, Exner L, Schweikert D, Woelber JP, Vach K, Meyer AL, Basrai M, Bischoff SC, Meller C, Wolff D. Effect of the Mediterranean diet on gingivitis: A randomized controlled trial. J Clin Periodontol. 2022 Feb;49(2):111-122. doi: 10.1111/jcpe.13576. Epub 2021 Dec 5. PMID: 34818686.
Woelber JP, Gärtner M, Breuninger L, Anderson A, König D, Hellwig E, Al-Ahmad A, Vach K, Dötsch A, Ratka-Krüger P, Tennert C. The influence of an anti-inflammatory diet on gingivitis. A randomized controlled trial. J Clin Periodontol. 2019 Apr;46(4):481-490. doi: 10.1111/jcpe.13094. Epub 2019 Apr 2. PMID: 30941800.