Periimplantäre Erkrankungen betreffen immer mehr Patient:innen, da die Zahl der gesetzten Implantate weltweit exponentiell zunimmt. (1) Aus diesem Grund ist in den letzten Jahren auch die Behandlung von biologischen Komplikationen und vor allem die Behandlung einer Periimplantitis stärker in den Fokus gerückt.
Ein wesentlicher, jedoch schwieriger Schritt dabei ist die gründliche Reinigung der Implantatoberfläche. Unter den bisher in der Literatur beschriebenen Methoden im Rahmen der nicht-chirurgischen und chirurgischen Dekontamination erwies sich keine als eindeutig überlegen. (2,3)
Eine mögliche Lösung könnte das 2021 eingeführte Reinigungssystem GalvoSurge® bieten. Bei diesem Verfahren werden Zahnimplantate elektrochemisch dekontaminiert, indem das Implantat mit einer speziellen Reinigungsflüssigkeit besprüht und eine elektrische Kleinstspannung angelegt wird. Als Folge fließt zwischen dem Sprühkopf (Anode) und dem Implantat (Kathode) Strom und das Wasser in der Elektrolytflüssigkeit (Hydroxy Carbonsäure, Natriumsalz, destilliertes Wasser) wird in Wasserstoff Kationen (H+) und Hydroxid Anionen (OH⁻) aufgespalten. Die dadurch entstandenen Wasserstoffbläschen sollen den Biofilm aufbrechen und ihn von der Implantatoberfläche ablösen (Abb. 1c). (4, 5) Dieses Verfahren dauert ca. 2 Minuten pro Implantat und ist mit den meisten Implantatsystemen kompatibel.
Aufgrund des jetzigen Sprühkopfdesigns beschränkt sich die Anwendung von GalvoSurge® jedoch auf verschraubte Suprakonstruktionen. Diese müssen vor der elektrolytischen Dekontamination abgenommen werden, damit eine sichere Verbindung zwischen dem GalvoSurge® Sprühkopf und der Implantatinnenverbindung hergestellt werden kann (Abb. 1a,b).
Nach dem Abschrauben der Restauration muss ein Lappen abgehoben werden, um das periimplantäre Entzündungsgewebe gründlich entfernen zu können, da die reinigende Wirkung von GalvoSurge® sich nur da entfalten kann, wo die Spüllösung Kontakt zur Implantatoberfläche hat.
Anschließend kann der operative Eingriff je nach Defektkonfiguration fortgesetzt werden – resektiv oder rekonstruktiv; mehr dazu gab es bereits in unserem letzten Telegramm » YOUNGSTERS TELEGRAMM 01-2024!
Zusammengefasst erfordert dieses Implantatreinigungssystem zur Zeit einen verschraubten Zahnersatz in Kombination mit einem chirurgischen Eingriff, was doch zahlreiche Periimplantitisfälle ausschließt. Daher wäre sowohl ein modifiziertes Sprühkopfdesign für zementierte Suprakonstruktionen als auch der Einsatz der elektrolytischen Reinigung im Rahmen einer nicht-chirurgischen Therapie interessant. Das Gleiche gilt für unabhängige klinische Studien, die die Wirkung dieses neuen Verfahrens weiter untersuchen, da die aktuelle Studienlage auf diesem Gebiet noch einige Fragen offenlässt.
Literatur
- Sanz M, Noguerol B, Sanz‐Sanchez I, et al. European Association for Osseointegration Delphi study on the trends in Implant Dentistry in Europe for the year 2030. Clinical Oral Implants Research, 30(5), 476– 486
- Monje A, Amerio E, Cha JK, Kotsakis G, Pons R, Renvert S, et al. Strategies for implant surface decontamination in peri-implantitis therapy. Int J Oral Implantol (Berl). 2022 Sep 9;15(3):213–48.
- Herrera D, Berglundh T, Schwarz F, Chapple I, Jepsen S, Sculean A, et al. Prevention and treatment of peri-implant diseases-The EFP S3 level clinical practice guideline. J Clin Periodontol. 2023;50 Suppl 26:4-76
- Schlee M, Rathe F, Brodbeck U, et al. Treatment of Peri-implantitis-Electrolytic Cleaning Versus Mechanical and Electrolytic Cleaning-A Randomized Controlled Clinical Trial-Six-Month Results. J Clin Med 2019;8(11):1909
- Ratka C, Weigl P, Henrich D, et al. The Effect of In Vitro Electrolytic Cleaning on Biofilm-Contaminated Implant Surfaces. J Clin Med 2019;8(9):1397
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