Die Mundgesundheit spielt eine wesentliche Rolle für das allgemeine Wohlbefinden. In den letzten Jahren haben Probiotika, bekannt für ihre positiven Effekte auf die Darmgesundheit, auch in der Parodontologie an Popularität gewonnen. Diese nützlichen Mikroorganismen werden zunehmend als potenzielles Mittel zur Prävention und Behandlung von parodontalen Erkrankungen betrachtet. Doch wie fundiert sind diese Ansprüche wirklich? Dieser Artikel beleuchtet die kritischen Aspekte der Anwendung von Probiotika in der Parodontologie.
Was sind Probiotika?
Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die in ausreichenden Mengen gesundheitliche Vorteile für den Wirt bringen sollen. Sie kommen natürlich in Lebensmitteln wie Joghurt und fermentierten Produkten vor, werden aber auch als Nahrungsergänzungsmittel verkauft.
Die Rolle von Probiotika in der Mundgesundheit
- Reduktion von Entzündungen: Es wird angenommen, dass Probiotika entzündliche Prozesse im Mund reduzieren können. Sie sollen mit pathogenen Bakterien um Nährstoffe und Anheftungsstellen auf den Zähnen und dem Zahnfleisch konkurrieren, wodurch die Anzahl schädlicher Bakterien verringert werden soll.
- Förderung einer gesunden Mundflora: Probiotika sollen das Gleichgewicht der Mundflora zugunsten nützlicher Bakterien verschieben. Eine gesunde Mundflora ist entscheidend für die Prävention von Karies und parodontalen Erkrankungen.
- Stärkung des Immunsystems: Probiotika könnten das Immunsystem stärken und die körpereigenen Abwehrmechanismen gegen Infektionen verbessern.
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Wissenschaftliche Studien:
Zahlreiche Studien haben die Wirksamkeit von Probiotika in der Parodontologie untersucht, doch die Ergebnisse sind oft nicht eindeutig oder widersprüchlich:
- Eine Studie zeigte, dass Probiotika wie Lactobacillus reuteri die Symptome von Gingivitis reduzieren können. Allerdings war die Stichprobengröße oft klein und die Studiendauer kurz, was die Aussagekraft der Ergebnisse einschränkt.
- Andere Untersuchungen berichten von Verbesserungen der Taschentiefe und des klinischen Attachment-Levels bei Parodontitis-Patienten. Doch auch hier gibt es methodische Mängel und die Frage, ob die beobachteten Effekte langfristig anhalten, bleibt offen.
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Anwendung von Probiotika: Potenzial und Risiken
Probiotika können auf verschiedene Weise in die zahnärztliche Behandlung integriert werden:
- Probiotische Zahnpasta und Mundspülungen: Diese Produkte werden täglich verwendet, um die Mundflora zu beeinflussen. Doch ihre tatsächliche Wirksamkeit ist oft nicht ausreichend belegt.
- Probiotische Nahrungsergänzungsmittel: Diese sollen zusätzlich zur täglichen Zahnpflege eingenommen werden, um systemisch zu wirken. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, da Überdosierungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten nicht ausgeschlossen werden können.
- Lokal applizierte Probiotika: In der Praxis werden probiotische Präparate direkt auf das Zahnfleisch oder in Zahnfleischtaschen aufgetragen. Die Kosten und der Aufwand dieser Behandlungen stehen jedoch in keinem klaren Verhältnis zu den bisher nachgewiesenen Vorteilen.
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Fazit
Die Verwendung von Probiotika in der Parodontologie wird oft als vielversprechende Ergänzung zur herkömmlichen Mundpflege dargestellt. Allerdings ist die wissenschaftliche Evidenz für ihre Wirksamkeit noch nicht ausreichend. Weitere umfangreiche Studien sind erforderlich, um die tatsächlichen Vorteile und der Probiotika in der Parodontologie zu ermitteln. Bis dahin sollte ihre Anwendung mit Vorsicht und einem kritischen Blick betrachtet werden.
Denn eines gilt im Zweifelsfall immer als Anker im Sturm der angepriesenen und innovativen Behandlungsmöglichkeiten zu beachten: Die derzeit gültigen Leitlinien. Da werden Probiotika aktuell (noch) nicht empfohlen.
Weiterführende Informationen: » S3 Leitlinien
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