Foto © Robert Simon: Das paroknowledge© YOUNGSTERS Team vlnr.: Dr. Behrouz Arefnia, Dr. Lukas Fürhauser, Priv. Doz. Dr. Kristina Bertl, Dr. Ilse Steiner, Dr. Andreyna Leon, Dr. Sera Eren und Dr. Hady Haririan
Das war die paroknowlegde© YOUNGSTERS & ART 2018 in Linz
AutorInnen: Dr. Georg Ley & DPU-Medizinjournalismus-Studenten Victoria Matheis, Marina Wiesinger und Oliver Rameis
Die bereits dritte ÖGP paroknowlegde© YOUNGSTERS Veranstaltung fand dieses Jahr in Linz unter dem Motto „Dem Biofilm an den Kragen gehen: Von Kürette bis Tablette…“ statt. An zwei Tagen wurde wieder einmal Begeisterung für die Parodontologie bei einer bis auf den letzten Platz ausverkauften Veranstaltung geweckt.
Über 60 junge KollegInnen starteten freitags mit einer Workshop-Trilogie, die von allen TeilnehmerInnen im Zirkel absolviert wurde.
ARS Electronica Highlight-Führung & Deep Space 8K Experience
Die Highlight-Führung im Museum der Zukunft gab einen Überblick über alle Ausstellungsbereiche des Ars Electronica Centers. Die TeilnehmerInnen machten Bekanntschaft mit den „Neuen Bildern vom Menschen“, den verschiedenen Labors in der Main Gallery und ließen sich durch die aktuellen Wechselausstellungen führen.
Dank der technischen Möglichkeiten, die der neue Deep Space 8K mit sich bringt, betraten die TeilnehmerInnen einen einzigartigen virtuellen Anatomiesaal der Zukunft. Mit „Cinematic Rendering“ werden 3-D-Darstellungen des menschlichen Körpers auf eine neue Ebene gehoben. Ein Sate-of-the-Art Projekt und Beispiel dafür, dass auch die Wissenschaft von künstlerischen Impulsen profitieren kann.
Immer wieder sind weltweit Teams unterwegs, um mithilfe der 3-D-Laserscan-Technologie Statuen, Bauwerke oder ganze Straßenzüge abzutasten, zu digitalisieren und so für zukünftige Generationen zu erhalten – zumindest in digitaler Form. Im Deep Space 8K konnten virtuelle Rekonstruktionen historischer Stätten in 3-D nicht nur betrachtet, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes betreten werden.
Richtiges Instrumentieren mit Handinstrumenten will gelernt sein!
Die beiden Hands-On Workshop-Leiterinnen Christine Bischof und Monika Süsstrunk zeigten den TeilnehmerInnen sowohl den Umgang mit alltäglich eingesetzten Instrumenten im Rahmen der nicht-chirurgischen Parodontaltherapie und achteten dabei im Speziellen auf technische Feinheiten als auch frischten sie die Erinnerungen auf, welche Spezialinstrumente in gewissen Situation von Vorteil sein können! Ein häufig gehörtes Feedback: „Man vergisst immer wieder zu schnell was es da noch alles an praktischen Instrumenten geben würde…!“
Plötzlich Chef – Personalmanagement will gelernt sein!
Das ZIMMER BIOMET Corporate Forum von Krista Strauß (Geschäftsführerin ZIMMER BIOMET, DACH) traf damit ein Thema, das gerade ZahnärztInnen beim Schritt in die Selbstständigkeit viel Kopfzerbrechen bereiten dürfte, denn in der universitären Ausbildung findet der richtige Umgang mit MitarbeiterInnen kaum Beachtung. Ein Video-Einspieler von James Bond und Miss Moneypenny zeigte, wie man es heutzutage nicht unbedingt mehr machen sollte. Körperliche Nähe, aber auch der Austausch zu vieler privater Angelegenheiten sind unprofessionell – auch wenn es bei Sean Connery irgendwie charmant aussehen mag.
Die Bedingungen haben sich im Laufe des letzten Jahrzehnts zweifelsohne geändert: eine beschleunigte Wertedynamik, die Gender-Frage und eine Zunahme an Handlungsoptionen machen eine Adaptation des Führungsstils notwendig! Denn mehr als je zuvor sind die MitarbeiterInnen MarkenbotschafterInnen des eigenen Unternehmens. Und in dieser Rolle können sie nur überzeugen, wenn sie sich tatsächlich mit der eigenen Praxis identifizieren. Das Fazit: „Ein Job ist wie ein Banküberfall. Ohne die richtigen Komplizen wird es nichts!“
Side Event „ACTION PAINTING“ keine leere Versprechung
Richtig bunt wurde es dann gegen Abend – doch zuvor musste der Kinosaal der Ars Electronica zur Gänze mit Folien zum Schutz abgeklebt werden. Nachdem sich alle einen eleganten Ganzkörperschutz übergestreift hatten, ging es unter Anleitung der Künstlerin Ela Reitinger (PINK Art) an die Leinwände.
Das angekündigte „Action Painting“ war keine leere Versprechung. Es wurde wild mit grellen Farben gepinselt, gesprüht, geworfen, so mancher schien hier seine kreative Ader zu entdecken! Ein großer Spaß, bei dem nach Verbrauch von rund 60 Liter Farbe (!) erstaunlicherweise durchaus ansehnliche Werke zu Stande kamen.
Die Bilder können demnächst auch gekauft werden – der Erlös wird dem Projekt „dentisttheworld.com“ gespendet. Informationen dazu folgen in Kürze auf der Webseite der ÖGP YOUNGSTERS.
Am zweiten Tag drehte sich wieder alles um die nicht-chirurgische Parodontaltherapie und den Teilnehmern wurden zahlreiche Fragen von nationalen und internationalen Vortragenden umfangreich beantwortet. Zu Beginn präsentierte jedoch Danijel Domic sein Hilfsprojekt:
Schluss mit schlechter zahnärztlicher Versorgung: dentisttheworld.com
Danijel Domic, der Mitbegründer der Wiener Hilfsorganisation, möchte mit seinem Projekt in Sansibar „so viele Zähne als möglich retten!“ Neben der Schmerzbehandlung vor Ort engagiert sich „dentisttheworld“ grundlegend für die richtige Mundhygiene.
So wird die Handhabung von Zahnbürste und Zahnpasta an staatlichen Schulen und im SOS Kinderdorf vermittelt. Auch wenn diese Projekte eine große finanzielle und emotionale Herausforderung bedeuten: Die Zahlen sprechen für sich und motivieren: ca. 3000 Patienten behandelt und 6000 Kinder instruiert – Respekt!
Nach einer einleitenden und interaktiven Vorlesung von Kristina Bertl zu den Fragen „Wie viel Potenzial steckt in der nicht-chirurgischen Parodontaltherapie? Welche Faktoren beeinflussen das Ergebnis? Wie stark wird das Ergebnis von anderen Erkrankungen beeinflusst?“ – es stellte sich beispielsweise heraus, dass das Parodont durchs Rauchen dem eigentlichen Alter um 36 Jahre (!) „enteilt“ – gaben Christine Bischof und Monika Süsstrunk die Devise in Bezug auf die häusliche Plaquekontrolle aus: mehrmals tägliche Zahnreinigung, sowie Belagsentfernung an den Zähnen und in den Zahnzwischenräumen.
Die großen Drei der häuslichen Plaquekontrolle: elektrische Zahnbürste, Interdentalbürstchen und Antiseptika
Als eine Option nennt Dentalhygienikerin Monika Süsstrunk die Verwendung von Schallzahnbürsten. Durch die Hydrodynamik in Kombination mit den chemopräventiven Wirkstoffen der Zahnpasta erreichen diese Zahnzwischenräume und subgingivale Areale, zugleich wird die Struktur des Biofilms weitgehend zerstört. Über Erfolg oder Misserfolg entscheidet die richtige Anwendung: die Zahnbürste im 45 Grad Winkel, halb Zahn, halb Gingiva und keine selbstständigen Putzbewegungen durchführen. Die Hauptreinigung mit einer Dauer von 3-4 Minuten sollte am Abend stattfinden.
Weiters wurde die Reinigung der Zahnzwischenräume mit Interdentalbürstchen empfohlen. Diese sind nach korrekter Anleitung einfacher in der Handhabung und führen zu weniger Weichgewebeverletzungen als Zahnseide. Zahnstocher würden sich zur Reinigung der Zahnzwischenräume hingegen nicht eignen. Das Trio der Mundhygiene wird durch die Verwendung von Antiseptika abgerundet.
Save the teeth! How to treat periodontitis and maintain a healthy status – Tradition vs. Innovation!
Magda Mensi, Parodontologin aus Italien, beeindruckte mit Ihrem Vortrag “Save the Teeth! How to treat periodontitis and maintain a healthy status – Tradition vs. Innovation!”. Es wurden die traditionelle Zahnreinigung mit Scaler, Ultraschallgerät und Gummipolierer der innovativen Methode mit Airflow und Perioflow gegenübergestellt.
Fazit: Der definierte Workflow schafft einen klaren Ablauf. Der/Die BehandlerIn wird durch das Anfärben immer vom sichtbaren Biofilm bei der Reinigung „geführt“. Dies impliziert eine minimal-invasive Behandlung. Die Verwendung von Handinstrumenten und Ultraschall-Scalern wird auf ein Minimum reduziert. Polierkelche sind nicht mehr notwendig. Die gesamte Behandlung ist zeitsparend und angenehm für PatientInnen und BehandlerInnen.
Nach der Mittagspause folgte ein kritischer Überblick über nicht-antibiotische Zusätze im Rahmen der nicht-chirurgischen Parodontaltherapie. Hier zeigte sich, dass diverse „Mittelchen“ zwar durchaus einen zusätzlichen positiven Effekt haben können, aber man sollte sich bei deren Einsatz stets bewusst sein, dass man damit eher Zwergen- und keine Riesensprünge macht. Daran anschließend konzentrierte sich der Vortrag von Hady Haririan auf:
Was kann ein Chairside-Test? Wo liegt die Diagnostik der Zukunft? Die 5 P’s oder auch: Biomarker und Mikrobiologie in der Parodontologie
Es wurde die Zukunft der Diagnostik durch neue Hilfsmittel wie Biomarker und Mikrobiologie und die zunehmende Bedeutung der 5P´s: predictive, preventive, personalised and participatory periodontology erläutert.
Diese unterstützen bei der Früherkennung von RisikopatientInnen und helfen, eine individuell angepasste Therapie durchzuführen. Die grundlegenden Vorteile von modernen Hilfsmitteln der Diagnostik, wie die Verwendung von Apps, sind laut Umfragen: Zeitersparnis, Benutzerfreundlichkeit, Aktualität und Qualität.
Die vorhandenen Biomarker-Tests decken bei Weitem noch nicht das gesamte Spektrum einer Parodontitis ab und bedürfen noch weiterer Forschungen, sind aber bereits jetzt ein wichtiger Bestandteil der Frühdiagnostik.
All das wurde im Laufe des Tages zusammen mit dem Auditorium mittels Online-Quizz und Voting via Smartphone diskutiert und lieferte spannende Erkenntnisse. Abgerundet wurde die Veranstaltung mit dem abschließenden Vortrag von Roman Weiß zu steuerlichen Aspekten getreu dem Motto „Hilfe im Steuerdschungel…“.
Die nächste paroknowlegde® YOUNGSTERS-Veranstaltung wird Anfang 2019 unter dem Motto YOUNGSTERS SNOW & ICE stattfinden und die Thematik wird an Linz anknüpfen: Was tun, wenn die nicht-chirurgische Therapie nicht ausreicht – welche chirurgischen Möglichkeiten gibt es?